Jahresbericht 2024 des Dirigenten

Am Ende eines weiteren Jahres schauen wir zurück – diesmal vielleicht etwas nachdenklicher. Das sage ich nur, weil das vergangene Jahr so voller Emotionen war, dass es gar nicht so leicht ist, Bilanz zu ziehen.

 

Schon zu Beginn des Schuljahres 2022/23 fragte mich der Vorstand, was ich für Ideen bezüglich meines Abschlusskonzertes habe. Die Entscheidung, ob der Chor an diesem Projekt teilnimmt oder nicht, war für die Planung des Jahres-programms 2024 natürlich ein sehr wichtiger Punkt. Nach vielen langen Gesprächen mit meinem Lehrer Ernst Buscagne und dem Vorstand habe ich beschlossen: Wir machen es!

 

Das bedeutete, dass wir in der ersten Hälfte des Jahres 2024 nicht zu viele neue Stücke einstudieren konnten. Trotzdem erinnere ich mich gut an unseren ersten Gottesdienst des Jahres, den Krankensonntag am 3. März. Da haben wir zwei neue Stücke gelernt: Oculi Mei von Estêvão Lopes Morago und Der Herr ist mein Hirt von Bernhard Klein. Das erste Stück hat eine beeindruckende Mehrstimmigkeit, die aber den Text manchmal schwer verständlich macht. Das zweite Stück war einfacher, aber durch seinen frühromantischen Stil sehr charmant und berührend.

 

Ein anderer besonderer Gottesdienst fand am Karfreitag statt. Neben Haydns Tenebrae factae sunt habe ich uns etwas Neues ausprobieren lassen: Gregorianischen Choral. Der gregorianische Gesang ist die Wurzel der klassischen Musik, und es war faszinierend, diese schlichte und zugleich fremde Schönheit zu erleben. Elfriede schrieb mir danach: „Das war einer der einfachsten und wirkungsvollsten Gottesdienste, wo wir je gesungen haben.“

 

Zwei Monate vor dem grossen Ekstasis-Projekt haben wir uns komplett auf diese Herausforderung konzentriert. Die Musik war so komplex, vor allem die Fugen am Ende dieser Stücken, dass es fast unmöglich war, sie ohne Eure Vorbereitung zu lernen. Nach Wochen harter Arbeit hatten wir das erste Probewochende in Zürich mit den anderen Teilnehmern. Für viele war das ein Wendepunkt, weil wir die wahre Grösse der Werke und des riesigen Chors gespürt haben. Das Konzert wurde ein grosser Erfolg – dank Eurer Vorbereitung und Eurer Hilfe bei der Organisation und Werbung. Viele Leute haben mir

danach gesagt: „Die meisten der Zuhörer kommen aus Mellingen!“, und das hat mich sehr gefreut. Auch finanziell war Eure Unterstützung grossartig, und dafür bin ich Euch sehr dankbar.

 

Nach dem Konzert ging die Arbeit weiter. Wir haben uns mit dem Vorstand darauf geeinigt, dass wir beim Patrozinium Teile aus dem Konzert singen sollen. Mit der Unterstützung vieler Gäste, vier Solisten und dem Organisten Lorenzo Ciaglia haben wir in der Stadtkirche Mellingen voller Herz und Seele musiziert. Die Meinungen über den Gottesdienst waren unterschiedlich, aber überwiegend positiv. Einige hätten gerne mit einem grossen romantischen Orchester wieder gesungen, andere fanden es schön, die Stücke in einem kleineren Rahmen zu erleben.

 

Nach der Sommerpause hatten wir bei unserer Reise ins Chocolarium in Flawil und zum Kloster Fischingen auch Zeit, gemeinsam zu entspannen und reiche Kultur zu erleben. Ein grosses Dankeschön an Barbara, Susi und Heidi für die Organisation!

 

Im Herbst gab es weitere besondere Momente, wie zum Beispiel unser „Singen im Alterszentrum“, bei dem wir den Leuten Freude gebracht haben, und der

Erntedankgottesdienst, bei dem wir Die mit Tränen säen von Friedrich Kiel gesungen haben. Eine grosse Herausforderung war das! Aber am Ende, hat es sehr gut funktioniert.

 

Mit der Adventszeit kamen auch Gäste zu uns. Vielen Dank an alle, die dabei waren! Ihr habt den Klang des Chores bereichert und wichtigen Gottesdienste mitgestaltet.

 

Besonders beeindruckend fand ich die Gruppe, die bereit war, vor Sonnenaufgang am Rorate zu singen. Am 11. Dezember haben sie um 5:30 Uhr eingesungen, unter der Leitung von Anja Ebenhoch. Ich war nicht dabei, da ich in Bulgarien an einem Meisterkurs teilgenommen

habe – mit eurem Einverständnis. Ich habe gehört, dass der Gottesdienst schlicht und wunderschön war, und dass einige von Euch gekommen sind, um unsere mutigen Sängerinnen und Sänger zu unterstützen.

 

Zum Jahresabschluss haben wir ein Streicherensemble und zwei Oboen eingeladen, um den Weihnachtsgottesdienst festlich mitzugestalten. Statt eines grossen Werks habe ich kürzere Stücke ausgewählt, die die weihnachtliche Stimmung einfangen. Zu den Höhepunkten zählten Bachs Choral Jesus bleibet meine Freude mit seiner wunderschönen ewigen Oboen-Melodie, die jugendliche Weihnachtssuite von Gossec und Saint-Saëns’ Tollite Hostias, ein echter Klassiker von unserem Chor mit voller Stimme gesungen.

 

Dieses Jahr war voller Emotionen, mit vielen Höhepunkten und natürlich auch Schwierigkeiten. Trotzdem ist es allen klar, wie sehr wir uns weiterentwickelt haben – stimmlich und im Notenlesen. Jemand vom Chor hat mir einmal gesagt, dass es früher undenkbar war, ein neues Stück direkt mit allen Stimmen zu lernen. Heute ist das fast trivial geworden – dank Euren Einsatz!

 

Lasst uns weiterhin mit so viel Engagement dabei bleiben, damit der Chor wächst – und nicht nur musikalisch, sondern auch als Gemeinschaft. Vielen Dank für Eure Energie und Unterstützung. Ich freue mich schon auf das, was wir gemeinsam schaffen werden!

 

Francisco Santos